Beratungsbeispiel: Wie Alena* (11) doch weiter an ihrer Schule bleiben kann

2. Juni 2022

Wie unterstützen wir Kinder und Jugendliche und ihre Bezugspersonen in herausfordernden Situationen? Im Rahmen unserer Beitragsserie beleuchten wir ein konkretes Beratungsbeispiel eines Mädchens, dem in der Schule disziplinarische Massnahmen drohten.


Kinder und Jugendliche, aber auch ihre Bezugspersonen, können sich jederzeit direkt via kinderombudsstelle.ch bei uns melden und rechtliche Unterstützung erhalten. Unsere Expert:innen beraten sie und helfen ihnen bei der Sicherstellung ihrer Rechte. 

Auch Alena, deren Situation wir im folgenden Beispiel beschreiben, konnte unser Beratungsangebot nutzen und entscheidende Unterstützung erhalten.

 

Probleme in der Schule

Die 11-jährige Alena besucht die 5. Klasse einer Primarschule in einer Agglomerationsgemeinde einer Grossstadt. Sie wird in der Schule seit längerer Zeit gemobbt und erduldet dies meist. Als sie gegen Ende des Schuljahres einmal mehr geschubst wird, überläuft aber das Fass. Alena wehrt sich und attackiert ihre Klassenkameradin körperlich. Niemand spricht Alena danach auf den Vorfall an. Doch scheinbar erachtet die Schulleitung ihn als gravierend, denn ihre Eltern erhalten überraschende Post: In einem Brief informiert die Schulleitung die Eltern darüber, dass für Alena ein definitiver Schulausschluss mit einer schulischen Platzierung in einem Heim in Betracht gezogen werde und lädt die Eltern zu einem Gespräch ein.

 

Unverständnis über das Vorgehen

Die Eltern sprechen sogleich mit Alena, die sich  einmal mehr als Opfer fühlt: Obwohl sie gemobbt wird, ist sie es, welche die Schule verlassen muss. Sie fühlt sich unverstanden und vorverurteilt. Auch die Eltern sind ratlos. Die Familie wendet sich an die Kinderombudsstelle.

 

Unsere Beratung

Die Kinderombudsstelle klärt die Familie über die Rechte der Tochter und den Inhalt des Schulrechts auf. Dieses schreibt vor, dass das betroffene Kind persönlich zum Vorfall befragt werden muss, damit es seinen Standpunkt darlegen kann. Auch die im Schulgesetz festgelegte Rangfolge bei disziplinarischen Massnahmen muss eingehalten werden. Dank der Beratung ist das Kind in der Lage, ihren Standpunkt während des Gesprächs mit der Schulleitung klar und selbstsicher darzulegen. Daraus folgt, dass die Schulleitung vom Mobbing erfährt und nach einem Gespräch mit der Schülerin die disziplinarische Massnahme zurückzieht. Alena kann für das letzte Jahr der Primarschule am selben Ort bleiben, bevor sie in die Oberstufe und damit in eine neue Klasse übertritt. Das Thema Mobbing wird in der Klasse besprochen und es werden Massnahmen getroffen, um Alena zu schützen.

 

Die Anwendung der Kinderrechte

In diesem Beispiel wurden einige Rechte von Alena verletzt, und zwar: ​​ihr Recht auf Information, ihr Recht auf Gehör und Meinungsäusserung, aber auch das Recht auf psychische und physische Unversehrtheit. Für Alena war es sehr wichtig zu erfahren, dass das Verhalten der Schulleitung und ihrer Klassenkameraden auch rechtlich nicht in Ordnung ist. Sie hat sich erfolgreich gewehrt und sogar noch Unterstützung bekommen. So erfuhr sie Selbstwirksamkeit, was ihr Selbstbewusstsein gestärkt hat. Ihre zu Beginn negative Erfahrung konnte sie so schlussendlich zu einer positiven machen. 

In Beratungsgesprächen mit Kindern und Jugendlichen wird immer wieder deutlich, wie wichtig aktives Zuhören und kindgerechte Gesprächsführung sind. Nur so können wir als Expert:innen die Lebenssituation des Kindes genau erfassen und ihm die nötige Unterstützung und Beratung bieten.

 

*Namen und Schilderungen sind dahingehend abgeändert, dass die Persönlichkeitsrechte und Intimsphären der Beteiligten gewahrt sind.