BGE 146 III 136 – Anwendbares Recht bei Anfechtung des Kindesverhältnisses

Gemäss Art. 68 IPRG ist für die Anfechtung des Kindesverhältnisses das Recht am gewöhnlichen Aufenthaltsort des Kindes anwendbar. Massgebend für die Anknüpfung ist gemäss Art. 69 Abs. 1 IPRG grundsätzlich der Zeitpunkt der Geburt. Davon kann gemäss Abs. 2 abgewichen werden, «wenn ein überwiegendes Interesse des Kindes es erfordert.» Die Bestimmung, die ausschliesslich das konkrete Interesse des Kindes im Blick hat, darf nach Ansicht des Bundesgerichts nicht zu eng interpretiert werden. Die Norm ist unabhängig davon anwendbar, ob das Kind oder der Vater auf Anfechtung klagt. Das Recht am gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes zur Zeit der Klageeinreichung ist deshalb immer anwendbar, wenn das Recht am Geburtsort nach dem Ermessensentscheid des Gerichts für das Kind hinsichtlich Etablierung oder Klärung der Vaterschaft ungünstig wäre.

Im betreffenden Fall hatte die Vorinstanz erwogen, dass das Kind mit der erfolgreichen Anfechtung der Vaterschaft seinen Familiennamen und das Schweizer Bürgerrecht verlieren würde, was nicht in seinem Interesse sei. Es würde dann nämlich einen anderen Namen als sein Halbbruder tragen und auch das Aufenthaltsrecht in der Schweiz verlieren. Zudem würde es auch seinen Unterhaltsanspruch und das Erbrecht gegenüber seinem Registervater verlieren. Die Interessen des Kindes sprechen daher für die Anwendung des Schweizer Rechts, das eine Anfechtung zufolge Verwirkung der Frist ausschliesst. Das Bundesgericht schliesst sich dieser Auffassung an und weist die Beschwerde in Zivilsachen ab.

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