Wie unterstützen wir Kinder und Jugendliche in herausfordernden Situationen? Im Rahmen unserer Beitragsserie beleuchten wir ein konkretes Beratungsbeispiel eines Jungen, das zu Hause Gewalt und Alkoholmissbrauch erlebte.
Kinder und Jugendliche können sich jederzeit direkt via kinderombudsstelle.ch bei uns melden und rechtliche Unterstützung erhalten. Unsere Expert:innen beraten sie und helfen ihnen bei der Sicherstellung ihrer Rechte.
Auch Dilan, dessen Situation wir im folgenden Beispiel beschreiben, konnte unser Beratungsangebot nutzen und entscheidende Unterstützung erhalten.
Kindheit zwischen Bierflaschen
Dilans Eltern sind seit ein paar Jahren getrennt. Der Junge lebt bei seiner Mutter. Ständig kommt es zu heftigen Streitereien – immer wieder wird der neue Partner der Mutter handgreiflich. Allgemein herrscht ein hoher Alkoholkonsum im Haus, die Mutter greift zu verschiedenen Suchtmitteln und gibt auch Dilan Alkohol. Seinen leiblichen Vater sieht er nur selten.
Innerlich hat sich Dilan entschieden: Er möchte lieber beim Vater leben. Er fürchtet aber die Reaktion seiner Mutter und ihres Partners. Im Wissen um Dilans Wunsch ruft uns der Vater an und stellt so den Kontakt zwischen dem Kind und unseren Expert:innen her. Wir können sodann direkt mit Dilan sprechen und ihn ausführlich rechtlich beraten.
So unterstützen wir Dilan
Im Beratungsgespräch besprechen wir die Situation mit Dilan ausführlich. Wir informieren ihn über seine Rechte, erklären ihm seine Möglichkeiten und bestärken ihn insbesondere darin, seine Meinung zu äussern. Weiter veranlassen wir ein Gespräch mit der KESB und empfehlen ihr, Dilan anzuhören. Wir weisen den Vater auf die Möglichkeit hin, einen Antrag auf Änderung des Aufenthaltsbestimmungsrechts zu stellen, damit die Situation durch die KESB im übergeordneten Kindesinteresse neu beurteilt werden kann. Dilan wird durch die KESB angehört, worauf weitere Abklärungen erfolgen. Der Antrag wird genehmigt. Dilan lebt fortan bei seinem Vater in einem sicheren und gewaltfreien Umfeld.
Die Anwendung der Kinderrechte
Das Fallbeispiel zeigt, wie wir Dilan in seinem Vorhaben beratend unterstützten, sodass er in dieser belastenden Situation Selbstwirksamkeit erfuhr, seine Rechte zu nutzen lernte und dadurch Resilienz aufbaute.
In Beratungsgesprächen mit Kindern und Jugendlichen wird immer wieder deutlich, wie wichtig aktives Zuhören und kindgerechte Gesprächsführung sind. Nur so können wir als Expert:innen die Lebenssituation des Kindes genau erfassen und ihm die nötige Unterstützung und Beratung bieten.
Dank dem Anhören seines Wunsches und den daraufhin eingeleiteten Schritten wurden Dilans Rechte auf Gehör und Meinungsäusserung, auf Information, auf ein fürsorgliches Zuhause, auf gewaltfreies Aufwachsen, auf physische Unversehrtheit und auf einen Entscheid im übergeordneten Kindesinteresse angewandt und sichergestellt.
*Namen und Schilderungen sind dahingehend abgeändert, dass die Persönlichkeitsrechte und Intimsphären der Beteiligten gewahrt sind.