Kinderpsychiatrisches Gutachten ersetzt die Kindesanhörung nicht

(Art. 27 BV, Art. 314 ZGB, Art. 144 ZGB): 5P.276/2005 

Bundesgerichtsentscheid vom 28. September 2005

Im Zusammenhang mit einer Besuchsrechtsstreitigkeit, welche aus einer Scheidung resultierte, hält das Bundesgericht fest, dass für die Kindesanhöhrung immer Art. 314 Ziff. 1 ZGB massgebend sei, wenn das Abänderungsverfahren noch nicht eingeleitet wurde. Zudem sei der für Kindesschutzmassnahmen geltende Art. 314 Ziff. 1 ZGB auf das Besuchsrecht analog anwendbar.

Des Weiteren befreit der Umstand, dass ein Gutachten erstellt wird, die zuständige Behörde nicht von ihrer Pflicht, das betroffene Kind anzuhören. Die Anordnung eines kinderpsychiatrischen Gutachtens stellt damit für sich alleine keine den gesetzlichen Anforderungen genügende Kindesanhörung dar. Eine Anhörung durch den Beistand, der die Ausübung des Besuchsrechts zu überwachen hat, genüge daher nicht.