Kindesschutzmassnahmen

ÜR 51-16: Aufgaben und Entschädigung des Vertretungsbeistands (5A_52/2015)

Bezüglich der Entschädigung der Kindesvertretung wird als massgebend bewertet, ob ein nach anderen Gesichtspunkten festgesetztes Honorar im Ergebnis mit dem Anspruch des Kindes auf eine wirksame Vertretung (Art. 299 ZPO) vereinbar ist. Weicht die Entschädigung erheblich von der Kostennote ab, ist im Kostenentscheid nachvollziehbar zu begründen, inwiefern das zugesprochende Honorar den anerkannten zeitlichen Aufwand (annähernd) deckt. Art. 299 ZPO ist nur verletzt, wenn das zugesprochene Honorar den gerechtfertigten Zeitaufwand auch im Ergebnis nicht angemessen berücksichtigt.

Bezüglich der Aufgaben der Kindesvertretung führt das BGer aus, dass eine Vertretung nur angezeigt ist, wenn diese dem Gericht effektiv zusätzliche Unterstützung und Entscheidhilfen bieten kann. Wenn bereits eine Beistandschaft nach Art. 308 ZGB besteht und diese ein umfassendes Bild der konkreten Situation liefert, bedarf es keiner Kindesvertretung mehr. Weiter stellt sich das BGer auf den Standpunkt, dass die Kindesvertretung sich nach dem objektiven Kindeswillen auszurichten habe. Eine im eigentlichen Sinn anwaltliche, dem subjektiven Willen des Kindes verpflichtete Tätigkeit sei nicht angezeigt.

Mit diesem Urteil wird die Bedeutung der Kindesvertretung stark relativiert. Wenig überzeugend ist die Begründung, wonach diese dem rein objektiven Kindeswillen verpflichtet ist. Der Umstand, dass die Kindesvertretung kann nach Art. 300 ZPO Anträge stellen und Rechtsmittel einlegen kann, bringt zwangsläufig eine gewisse subjektive Interessenwahrung mit sich. In der Erwägung, wonach Kindesvertreter und -vertreterinnen nicht Anwälte/innen zu sein haben, werden die kantonale Praxis und die Zahl von entsprechend spezialisierten Anwälten/innen übersehen. Es entsteht der Eindruck, dass die Argumentation des BGer vom Willen mitbestimmt worden ist, die Kosten für die Kindesvertretung möglichst tief zu halten. 

ÜR 52-16: Ernennung eines Kindesbeistands - Anwendbarkeit von Art. 401 ZGB? (5A_868/2015; 5A_869/2015)

Im Rahmen von Kindesschutzmassnahmen ist für die Legitimation zur Beschwerde ans Bundesgericht ein eigenes schutzwürdiges Interesse des Beschwerdeführers vorausgesetzt. Auch wenn Art. 401 Abs. 2 ZGB im Rahmen von Art. 308 ZGB Anwendung findet, haben die Eltern oder nahestehende Personen keinen Anspruch darauf, dass ihrem Wunsch entsprochen wird, da ihnen insoweit das rechtlich geschützte Interesse fehlt. Vorbehalten bleiben Fälle, in denen ihr Vorschlagsrecht als solches missachtet wurde. Der Verweis von Art. 327c Abs. 2 ZGB auf Art. 401 Abs. 2 ZGB gilt nur für die Bevormundung von Minderjährigen. Der Umstand, dass Art. 314 ABs. 1 ZGB nicht ausdrücklich auf Art. 401 Abs. 2 ZGB verweist, schliesst eine analoge Anwendung dieser Bestimmung auf die Ernennung des Beistands nach Art. 308 ZGB nicht von vornherein aus. 

ÜR 53-16: Rückführung eines Kindes nach Frankreich (5A_1003/2015)

Es ist keine Rückführung eines Kindes anzuordnen, wenn der entführende Elternteil darlegt, dass der andere Elternteil im Zeitpunkt des Verbringens des Kindes ins Ausland die elterliche Sorge tatsächlich nicht ausgeübt hat oder dem Verbringen oder Zurückhalten des Kindes zugestimmt oder dieses nachträglich genehmigt hat (Art. 13 Abs. 1 lit. a HKÜ). Die Zustimmung wird nicht vermutet, für deren Nachweis gelten strenge Anforderungen.

Wird nach dem Verbringen des Kindes dem entführenden Elternteil im Herkunftsstaat das Obhutsrecht zugesprochen, braucht die Rückführung nicht angeordnet zu werden. Ein solches Urteil wird als eine Art nachträglicher Zustimmung i.S.v. Art .13 Abs. 1 lit.a HKÜ gewertet.   

ZKE 3/2016 S. 230 ff.