Lebensverläufe von Kindern und Jugendlichen in stationären Erziehungshilfen: Möglichkeiten und Grenzen von amtlichen Statistiken aus der Schweiz

Von: Lukas Fellmann, Tobias Kindler & Thomas Schmid

Stichwörter: Fremdplatzierung, Heimeinrichtung, Jugendhilfe, Kinderhilfe, Leaving Care, Lebensverlauf, Pflegefamilie, Selbständige Lebensführung, Stationäre Erziehungshilfe, Statistik

Zusammenfassung: Gemäss Schätzungen leben rund ein Prozent der 0- bis 17-Jährigen in der Schweiz in einer Heimeinrichtung oder Pflegefamilie. Zu den Effekten der stationären Erziehungshilfen auf die Lebensverläufe von betroffenen Menschen sowie den Übergängen in die selbstständige Lebensführung gibt es in der Schweiz fast keine Studien. Die internationale Forschung zeigt jedoch deutlich auf, dass diese Übergänge und Verläufe nicht nur positiv vonstattengehen.

In diesem Beitrag werden amtliche Statistiken aus der Schweiz dahingehend analysiert, ob sie Informationen zu Lebensverläufen von Menschen mit Erfahrungen in den stationären Erziehungshilfen enthalten. Zur Beantwortung dieser Fragestellung werden fünf nationale und zwei kantonale Statistiken untersucht.

Das Ergebnis der Analyse zeigt, dass keine der ausgewählten Statistiken in der Lage ist, Lebensverläufe von betroffenen Kindern und Jugendlichen abzubilden. Es fehlt insbesondere an Informationen zur Lebensphase nach dem Übergang in die Selbstständigkeit. Dieser Mangel an Daten verunmöglicht die systematische Untersuchung dieses wichtigen Forschungsfeldes. Vor diesem Hintergrund plädieren wir für die Errichtung einer Infrastruktur für die gezielte Erhebung von quantitativen Daten im Längsschnitt zu Menschen mit Erfahrungen in den stationären Erziehungshilfen. Eine solche Statistik würde nicht nur vielfältige Erkenntnisse ermöglichen, sondern vor allem dazu beitragen, dass Unterstützungsbedarfe besser sichtbar werden.

 

 

ZKE 2/2020, S. 134 ff.